Ostseekreuzfahrt Reiseführer: Ein Erfahrungsbericht über die Triangle CityCruise der Tallink Silja Line durch die Ostseemetropolen Stockholm – Helsinki – Tallinn.
Wer auch immer das Klischee in die Welt gesetzt hat, dass Skandinavier große und gutaussehende Männer seien, muss ein außergewöhnlich guter Geschichtenerzähler gewesen sein. Nach meiner ersten Stockholm-Reise vor zwei Jahren verschlug es mich zum zweiten Mal in den hohen Norden, und vergeblich suchte ich dabei nach einem heißen Wikinger wie Chris Hemsworth im Film „Thor.“ Aber der war schließlich auch Australier.
Nachdem ich dieses Dilemma bereits in Stockholm durchschaut hatte, konnte ich durchatmen und mich auf die angenehmen Seiten des Lebens konzentrieren. Immerhin befanden sich meine Freundin Lydia und ich mitten in einem Mädelswochenende auf einer Ostseekreuzfahrt und hatten anderes im Kopf als schwedische Männer zu verführen. Die größte Fahrgastreederei der nördlichen Ostsee, die Tallink Silja Line, hatte uns auf eine Entdeckungsfahrt der etwas anderen Art mitgenommen.
Das estnisch-finnische Fährunternehmen bietet acht Minikreuzfahrten auf der Ostsee an, mit denen Reiselustige den Charme Skandinaviens und des Baltikum erleben können. Nach dem Bausteinprinzip können sich die Gäste ihre persönliche Reise mit Start- und Zielhafen und Reisedauer zusammenstellen und sich anschließend entspannt zurücklehnen. Genau was ich brauchte.
Obwohl sich mein Wissen über Kreuzfahrten im Rahmen hielten und eigentlich nur aus Traumschiff-Episoden bestanden, die ich bei meiner Oma schauen musste, freute ich mich auf diese langsame Art des Reisens. Kein Stress. Kein völlig übernächtigtes Ankommen am Ankunftsort und vor allen Dingen das gemächliche Schaukeln des Schiffes ließen mich Schlafen wie ein Baby an Mamas Brust.
1. Tag Anreise nach Stockholm
Stockholm ist als blaugrünes Venedig des Nordens bekannt und erstreckt sich majestätisch über vierzehn Inseln. Doch viel mehr Zeit als einen alten Freund beim Mittagessen wiederzusehen blieb uns gar nicht in der Stadt, da um 17 Uhr die Silja Serenade den Anker in Richtung Helsinki lichtete. Wir wuchteten unser Gepäck in Richtung Värtahamnen und checkten bei der Tallink Silja Line ein.
Nachdem wir die kleine Kabine bezogen hatten, wurde das Buffet geplündert. Um mich herum wirrte ein nordisches Sprachenwirrwarr aus Klängen, die ich selten in meinem Leben gehört habe: Finnisch und Estnisch so weit ich die seltsamen Laute ausmachen konnte.
Wie immer bei einem Buffet nahm ich mir vor, dieses mal nicht zu viel essen und wie immer, hörte ich beim dritten Gang zur Anrichte auf zu zählen. Mein Bauch schmerzte, doch anstatt aufzuhören zu essen, machte ich einen Knopf an meiner Hose auf. Bezahlt war schließlich bezahlt.
Etwas Entertainment, Zirkus-Attraktionen und Erkundungen der Fähre später, zogen wir uns in unsere gemütliche Kabine zurück. Als die Fähre mitten in der Nacht auf den autonomen Åland-Inseln hielt, schlummerten wir schon lange in unseren Betten. Doch viele Schweden und Finnen feierten extra die Nacht durch, um sich im Duty Free-Bereich auf den Inseln mit Alkohol zu versorgen. Und obwohl ich schon vom Alkoholtourismus der Skandinavier gehört hatte, war ich schockiert, in welchen Massen sie sich mit Alkohol auf der Fähre versorgten. Warum Menschen so viel trinken müssen, um locker zu werden, wird mir ein Rätsel bleiben.
2. Tag Ostseekreuzfahrt Helsinki
Nach der Ankunft im eisig kalten Helsinki gegen 10 Uhr morgens hatten wir den ganzen Tag Zeit, die Stadt zu entdecken. Die Sonne schien am wolkenlosen Himmel und der Wind pfiff uns um die Ohren. Ich zog mir die Jacke tiefer ins Gesicht. Aufgeregt freute ich mich, bereits die zweite europäische Hauptstadt innerhalb von zwei Tagen kennenzulernen. Auch wenn es sicherlich nicht viel mehr als ein Kratzen an der Oberfläche war, tauchten wir in das nordische Mekka des Designs ein.
Die funktionelle Architektur enttäuschte den Romantiker in mir, doch die überschaubare Stadt wirkte sehr einladend auf mich. Da ich absolut keinen Plan hatte, was mich in der Stadt erwarten würde, verließ ich mich auf Lydia, die in Finnland studiert hatte. Ich liebe es überhaupt ziellos durch eine neue Stadt zu laufen und mich treiben zu lassen.
Bereits vom Schiff aus sah ich den leuchtend weißen Dom von Helsinki, der als Wahrzeichen der Stadt gilt.
Wir flanierten auf der Aleksanterinkatu, die einer der Haupteinkaufsstraßen in der Innenstadt ist und die im Winter durch ein Heizsystem bis zu minus 10 Grad Celsius von Schnee und Eis frei gehalten wird. Dort befindet sich auch das Stockmann Kaufhaus, dem größten Warenhaus Skandinaviens.
Ein echter Geheimtipp ist im Stockmann auf der obersten Etage das Lunchbuffet. Für 10,-€ gibt es bereits ein Drei-Gänge-Essen von der Buffet-Platte.
Im Café Karl Fazer, das zur traditionsreichen Schokoladenfabrik Fazer gehört, wärmten wir uns auf und ich probierte meinen ersten Pulla, ein finnisches Hefegebäck, das mit Hagelzucker, Zimt und Kardamom bestreut ist. Für meinen Geschmack eine etwas gewöhnungsbedürftige Kombination.
Karl Fazer Café
Kluuvikatu 3
00100 Helsinki
Anschließend beeilten wir uns zum Fährhafen zu kommen, da wir 22.30 nach Tallinn übersetzten. Keine achtzig Kilometer südlich von Helsinki kamen wir spät in der Nacht in der estnischen Hauptstadt an.
3. Tag Ostseekreuzfahrt Tallinn
Tallinn gehört nicht nur zum Weltkulturerbe mit seinem prächtigen historischen Altstadtkern, sondern ist auch die modernste und pulsierendste Stadt des Baltikums. Bis ins Jahr 1918 hieß die Stadt aufgrund ihrer deutschen Geschichte Reval und war lange Zeit die wichtigste Stadt des hansischen Osthandels. Noch bis heute weisen zahlreiche Wappen und Hausinschriften auf die deutsche Vergangenheit hin.
Den ganzen Tag wanderten wir durch die alte Hansestadt und sogen den gelassenen und freundlichen Charme ein. Mittelalterliche Türme und Stadtmauern, trutzige Häuser und mittelalterliche Giebel, unzählige Klöster und Kapellen. Fasziniert erwartete ich an jeder Straßenecke, dass mein Prince Charming auf seinem Pferd in goldener Rüstung geritten kam, um mich in ein Märchenland zu entführen.
4. Tag Tallinn im Regen und Abfahrt nach Stockholm
Leider hatte der Wettergott am zweiten Tag in Tallinn kein Erbarmen mit uns und es regnete Wolkenbrüche. Also stand wohl oder übel ein Museum auf dem Tagesplan, das Tallinn City Museum Linnamuuseum, um genau zu sein. Dieses kleine Museum ist in einem typischen Kaufmannshaus untergebracht und bietet einen schönen Überblick über die wechselvolle Geschichte von Tallinn, besonders die Hanse.
Tallinn City Museum Linnamuuseum
Vene tn 17,
Tallinn, Estland
Eintritt: 8 €
Abends schipperte uns die Tallink Romantika wieder Richtung Stockholm. Das Schiff war eleganter und größer als das erste Schiff, trotzdem zog sich mir der Magen zusammen als ich auf einem kleinen Bildschirm die Route sah, die wir einschlagen würden. Das war genau die gleiche Route, die die Estonia vor zwanzig Jahren auf ihrer katastrophalen letzten Fahrt eingeschlagen hatte. Dass die Ostsee tobte und unser Schiff die ganze Nacht so sehr schwankte, dass die Betrunkenen Alkoholtouristen sich nicht mehr von anderen Gästen unterschieden, machte die Sache nicht besser.
Irgendwann wog mich das schaukelnde Schiff in einen tiefen Schlaf und ausgeschlafen kamen wir morgens in Stockholm an. Pünktlich um die Einfahrt durch die wunderschönen Schären auf Deck zu genießen.
Eine Ostseekreuzfahrt ist sicherlich nichts für Menschen, die so schnell wie möglich von A nach B gelangen wollen, doch wenn du dir etwas Zeit und Muße nimmst, dann ist eine Mini-Kreuzfahrt ein herrlich entspannendes Erlebnis, mit einer fast vergessenen Geschwindigkeit. Die neue Langsamkeit eben.
Triangel CityCruise
Stockholm – Helsinki – Tallinn
ab 205,-€ pro Person (Winter 2014/15)
*Während meiner Ostseekreuzfahrt wurde ich durch die Tallink Silja Line unterstützt.
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